… wir heute sagen sollten, wie wir morgen leben möchten?
Es ist schon ziemlich verwirrend, wenn man beginnt zu fragen, zu forschen, herauszufinden…
Wir glauben zumeist, das große politische und Weltgeschehen nicht beeinflussen zu können – was so nicht stimmt: In dem Augenblick, in welchem der einzelne beginnt, selbständig eigene Gedanken zu denken, beeinflussen wir schon das Ganze. Wir sollten deshalb viel mehr unsere Gegenwart und Zukunft denkend erträumen, sollten das gewünschte künftige Leben für uns und unsere Kinder deutlich vor unsere inneren Augen stellen und es uns immer farbiger, immer genauer, immer vollständiger vor-stellen. Denn: was soll werden, wenn wir gar nicht wissen, was wir wollen?!!
Wie wäre es, wenn wir plötzlich selbst über unser Leben bestimmen könnten?
Wir leben in einer aufregenden Zeit, wie ich finde. Ganz besonders in diesem Jahr! Fast jeden Tag geschieht Neues, oft Unglaubliches. Verschiedene Menschen und Gruppen scheinen sich in Stellung zu bringen für den Fall – ja, welchen Fall? Manche rufen “M. muß weg!”, andere: “Das Kaiserreich muß wieder her!” oder “Wir lassen uns die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht nehmen!“
Diese Zeit gibt uns die seltene Gelegenheit, mit Abstand unser Leben zu betrachten, es unter den aktuellen Gesichtspunkten anzuschauen, zu überdenken, neu zu denken; die Gegebenheiten auf den Prüfstand zu stellen: was brauchen wir davon? Was ist richtig? Was ist überholt und bedarf einer Erneuerung oder Verbesserung? usw.
Wir haben jetzt, heute, in diesem Augenblick die Möglichkeit und den Auftrag, uns neue Gedanken zu machen über das Althergebrachte, das Gewohnte und darüber, was wir uns vorstellen, wie unsere Zukunft sein soll. Vielleicht dient dem sogar die Maske, die Pflicht des Maske-Tragens: im übertragenen Sinn kann das bedeuten, still für uns selbst = jeder für sich eine neue eigene Zukunft zu denken.
Was denke ich mir?
Zunächst stellt sich die Frage, wie das Gerüst aus sehen könnte: wollen wir von oben regiert werden oder wollen wir selbst in den Gemeinschaften unserer Lebensorte zu einem gemeinsamen Miteinander finden – auf der Basis brüderlich-schwesterlichen Einvernehmens? (Das Parteienprojekt halte ich für mißlungen, denn im Wort Partei ist part = Teil enthalten, was zu dem Schluß führt: mit An-Teilen kann nie die ganze Gemeinschaft erreicht, geschweige denn geführt werden.)
Ich möchte gern weitgehend selbstbestimmt leben und entscheide mich für die zweite Variante. In einem Dorf oder einer Kleinstadt läßt sich die Gemeinschaftsstruktur leichter beschreiben als in Berlin beispielsweise, obwohl man dort von den einzelnen Ortsteilen ausgehend besser die mögliche Hierarchie nach oben zeigen kann = so wie ich es bis jetzt verstehe.
Wenn die neue Zeit plötzlich an unsere Tür klopfte, was würde geschehen?
Die Menschen würden sich vermutlich schnell zusammen finden und gemeinsam überlegen, wie Wasserversorgung, Ernährung und Energie sicher gestellt werden können. Es finden sich in allen Schichten der Gemeinschaft Menschen, die eine der erforderlichen Arbeiten “schon mal gemacht” haben und sich mehr oder weniger gut damit auskennen, also Vorstellungen mit einem bestimmten Sachgebiet verbinden. Dazu gesellen sich Mitmenschen, die ein Vorstellungsvermögen mitbringen und sich deshalb einbringen können, und solche, die Fähigkeiten zur Koordinierung notwendiger Abläufe besitzen und diese organisieren können.
Die Gemeinschaft würde sich in kurzer Zeit kennen und in ihren Fähigkeiten schätzen und einschätzen lernen. Außerdem hat jede Gemeinschaft einen Bürgermeister: man würde also nicht bei “Null” anfangen. – Ich weiß, daß viele Menschen es schon erlebt haben, daß sie ihren Arbeitsbereich infolge Erkrankung oder dergleichen ihres Vorgesetzten selbständig am Laufen hielten. Oft stellte sich dabei heraus, daß die Arbeit dabei sogar besser von der Hand ging: wir Menschen sind eben in der Lage, unsere Arbeits- und Lebensbereiche zu organisieren und mögen es, wenn es “flutscht”; also geht man entsprechend an die Sache heran.
Die Grundversorgung ließe sich – wie ich hoffe – trotz aller erfolgten Zentralisierungsmaßnahmen sicher stellen
Haupt-Knackpunkt für alle ist die finanzielle Versorgung: hier bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß es sehr wohl möglich ist, jedem Menschen eine Grundversorgung auszuzahlen, mit der er sein alltägliches Leben gut absichern kann.
Das häufig gehörte Argument, die Menschen würden dann nicht mehr arbeiten gehen, möchte ich genauer beleuchten:
Was heißt es denn, wenn jemand keine Lust zum Arbeiten-gehen hat? Welche Antworten sind denkbar?
– der aktuelle Arbeitsplatz bereitet ihm keine Freude oder befriedigt ihn nicht
– er hat nicht das für ihn Passende lernen können
– er hat zur Zeit wirklich keine Lust zum Arbeiten-gehen und möchte lieber reisen o.ä.
– es sind gerade kleine Kinder da, die ihn in Anspruch nehmen
– es sind die alt gewordenen Eltern, die seine Kraft in Anspruch nehmen
– er hat das Arbeiten nicht gelernt
– er ist nicht gesund
– er will etwas lernen, studieren und hat deshalb keine Zeit
– oder….
Was heißt eigentlich “arbeiten gehen”? Das ist so ein Begriff, der wenig Freude und Zufriedenheit mit der mit ihm verbundenen Tätigkeit verbindet. Er klingt wie ein “Muß”, nicht nach “ich möchte, ich will” dies oder jenes tun.
In der Zeit, an die ich denke, haben die Menschen ihre finanzielle Grundversorgung, die ihnen die Lebensgrundlage sichert und es ihnen deshalb erlaubt, nach draußen zu schauen – zum Nachbarn, zum nächsten Kiez, über die Gemeinschaft hinaus – und sich zu fragen: Was kann ich für die anderen tun? Was brauchen meine Mitmenschen? Welche meiner Fähigkeiten und Qualitäten kann und möchte ich ihnen zuwenden?
Natürlich besteht unser alltägliches Leben aus Notwendigkeiten. Aus vielen sogar! In deren Bewältigung können wir uns hineinteilen, so daß jeder etwas übernimmt und dafür Sorge trägt – jeder nach seinen Möglichkeiten, seinem Vermögen, eine bestimmte Arbeit leisten zu können, und seiner Sympathie für etwas. Zum Glück sind wir dabei so verschieden, daß vermutlich alle Tätigkeiten und Tages- und Nachtzeiten abgedeckt werden können.
Ich bin überzeugt, daß wir einvernehmliches Miteinander lernen können; daß wir lernen können, freundlich miteinander umzugehen; daß wir sorgsam auf das Wohl unseres Nachbarn schauen können und in diesen Prozeß immer mehr Mitmenschen hineinziehen, weil wir ihnen vorleben, daß es geht.
Welche Voraussetzung ist dafür nötig?
Zunächst nur das eigene Vorstellungsvermögen, die eigene Phantasie und ein bewegliches Denken, welches nicht gleich ablehnt.
In den nächsten Beiträgen erzähle ich, was ich zu den verschiedenen Lebensbereichen denke.
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